Die Planung der Freizeit

Als ich nach Deutschland kam, war ich überrascht: Hier wird wirklich alles geplant, sogar die Freizeit. In Afghanistan machen wir viele Dinge spontan. Wenn ich dort meine Freunde sehen will, rufe ich einfach an oder klopfe an die Tür. Manchmal sitzt man plötzlich mit zehn Leuten auf dem Teppich, trinkt Tee und redet stundenlang.

 

In Deutschland ist das anders. Wenn ich einen Freund treffen will, frage ich oft: “Hast du Zeit?“ Die Antwort ist meistens: „Ja, aber nächste Woche, Mittwoch um 17 Uhr, passt dir das?“ Ich musste lernen, dass Freizeit hier fast wie Arbeit organisiert wird. Ein Picknick im Park, ein Kaffee mit Freunden oder ein Abendessen, alles steht im Kalender.

Die Deutschen lieben Listen, Pläne und Termine. Das gibt ihnen Sicherheit. Viele sagen: „Wenn ich plane, vergesse ich nichts und habe mehr Zeit für alles.“ Das stimmt wahrscheinlich auch. So bleibt mehr Zeit für Familie, Sport oder Reisen. 

 

Manchmal finde ich das schön. Ich weiß genau, wann ich was mache. Aber manchmal fehlt mir auch die Spontanität aus Afghanistan. Dort kann der Tag chaotisch sein, aber man fühlt sich nie allein. Trotzdem lerne ich jeden Tag etwas Neues. Ich glaube, die beste Mischung ist: ein bisschen deutsche Planung, und ein bisschen afghanische Spontanität. So hat man einen vollen Kalender, aber auch Platz für Überraschungen.

Manchmal frage ich mich: Was passiert, wenn der Plan nicht funktioniert? In Deutschland ist das selten, aber doch möglich. Zum Beispiel: Der Zug kommt zu spät oder das Wetter macht nicht mit. Dann merkt man, dass man trotz Planung flexibel bleiben muss. Viele Deutsche können das auch gut, sie sagen dann: „Kein Problem, wir finden eine Lösung.“ Das mag ich sehr.

 

Ich habe auch gelernt, dass Planen nicht nur Stress bedeutet. Es kann Freiheit geben. Wer gut plant, hat später Zeit für Hobbys, Sport oder Familie. In Afghanistan sagen wir oft: „Mal sehen, was passiert.“ Das ist schön, aber manchmal verliert man auch Zeit. Hier lerne ich: Ein kleiner Plan im Kopf kann helfen, mehr aus dem Tag zu machen. 

 

Ich glaube, ich werde nie so ein Planprofi wie die Deutschen. Aber ein bisschen mehr Planung und ein bisschen weniger Chaos, das schadet nicht. Vielleicht bringe ich meinen Freunden hier auch bei, dass man manchmal einfach klingeln kann, ohne Termin, nur mit Tee und Zeit zum Reden.

 

Hedayatullah Zyarmal

Bruchhausen-Vilsen im Juli 2025