Die Bezahlkarte in Niedersachsen - Fortschritt?

Seit dem 1. Juni 2025 hat das Bundesland Niedersachsen einen neuen Schritt in der Verwaltung von Sozialleistungen eingeführt. Mit der offiziellen Einführung der Bezahlkarte, auch „SocialCard“ genannt, gilt eine neue Regelung für einen Teil der Geflüchteten sowie Migrantinnen und Migranten. Ziel dieser Karte ist es, Bargeldauszahlungen besser zu kontrollieren, Missbrauch zu verhindern und sicherzustellen, dass die Sozialhilfe im Inland ausgegeben wird

Wer bekommt diese Karte? Nach den offiziellen Richtlinien der Sozialämter in Niedersachsen ist die Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber verpflichtend, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Meist betrifft das Personen, die 

  • sich noch im Asylverfahren befinden (unter 36 Monate Aufenthalt),
  • Grundversorgung für Lebensunterhalt und Unterkunft bekommen,
  • keinen Zugang zu anderen Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Wohngeld haben.

Die Bezahlkarte ersetzt die bisherige Barauszahlung. Der monatliche Betrag wird auf die Karte geladen. Die Inhaberinnen und Inhaber können 

  • einen begrenzten Betrag (in den meisten Regionen bis zu 50 Euro pro Monat) in bar abheben,
  • in festgelegten Geschäften einkaufen,
  • helfen, Verwaltungskosten zu senken und mehr finanzielle Transparenz zu schaffen.

Mit der Karte kann man bei bekannten Ketten wie Lidl, Aldi Süd und Nord, Netto, Famila, Müller, Rossmann, Edeka, Markant und DM einkaufen.Nach Angaben der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen wurden bisher 21 Karten für 16 Familien ausgestellt. Manche Familien haben zwei Karten, eine für jeden Elternteil. Eine Einzelperson hat ihre Karte bisher noch nicht abgeholt.

 

Einige Geflüchtete sehen neben den Vorteilen auch Nachteile: Sie berichten, dass sie nicht immer günstigere Waren bei kleinen Läden oder Second-Hand-Shops kaufen können. Auch der Kauf von Medikamenten in kleinen Apotheken oder die Bezahlung von Miete in bar sind oft nicht möglich. Viele wünschen sich deshalb, dass der Bargeld-Betrag erhöht wird und dass die Karte in allen lokalen Geschäften funktioniert oder dass man zwischen Karte und Barzahlung wählen kann.

 

Ein häufiges Argument gegen die Einführung einer solchen Bezahlkarte ist, dass sie den Eindruck vermittelt, Geflüchtete kämen ausschließlich wegen der Sozialleistungen nach Deutschland und würden Teile der Unterstützung ins Ausland schicken. Gleichzeitig sagen Kritikerinnen und Kritiker, dass die Einführung der Bezahlkarte die Zahl der Geflüchteten nicht verringern wird. Wenn das zutrifft, bleibt nur ein Effekt: Menschen mit Bezahlkarte werden gegenüber anderen Menschen benachteiligt, also diskriminiert.

 

Gerade deshalb empfehlen viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Integrationsbeauftragte, diesen Aspekt stärker im Blick zu behalten. In Gesprächen mit diesen Fachkräften kann geklärt werden, welche praktischen Lösungen es gibt, um mögliche Nachteile für die Betroffenen zu vermeiden. So können Hinweise aus der Praxis helfen, die Nutzung der Karte fairer, flexibler und besser an den Alltag angepasst zu gestalten.

 

Viele Städte und Gemeinden hoffen dennoch, dass die Bezahlkarte den Alltag für Geflüchtete einfacher macht. Sie müssen weniger Bargeld mit sich tragen und können sicherer einkaufen. Für Familien mit Kindern ist es oft beruhigend zu wissen, dass die Unterstützung direkt für Lebensmittel, Kleidung und wichtige Dinge genutzt wird. Viele sehen die Bezahlkarte deshalb als Chance, wenn sie flexibel, fair und alltagstauglich gestaltet wird.

 

Hedayatullah Zyarmal

Bruchhausen-Vilsen im Juni 2025